Drei Wochen pro Monat ist er
europaweit auf Achse, eine verbringt er zuhause in Strassburg,
entwickelt Filme, vergrößert Fotos, die er unterwegs
geschossen hat. Eric Antoine, Franzose und Skater-Fotograf gehört
zur Spezies moderner Jäger und Sammler, die permanent auf der
Pirsch sind, nach dem einzigartigen, dem signifikanten Augenblick.
Verweile doch! So könnte jedes der knapp drei Dutzend Bilder
titeln, die derzeit im Basementizid.kunst.cellar zu betrachten sind.
Antoines Kamera schaut dem Gegenüber direkt ins Gesicht. Da ist David, ein Belgier aus Charleroi, dessen blaues Auge, schwarz auf weiß, von einer Nacht im Gefängnis erzählt. Oder Tina, die Drag Queen aus East Village, New York. Nackt, nur eine Hälfte des Oberkörpers zeigt das Spiegelbild. Der Fotograf kommentiert das Motiv handschriftlich: "Vor dem Spiegel erwartet sie ungeduldig die Wirkung ihrer Hormonbehandlung". Eins der seltenen Farbfotos: Jean-Marc, Unterkinnbartstoppeln, Schirmmütze, Goldkettchen, das Portrait des Schweden zeigt einen prototypischen Hip-Hopper, dessen angedeutetes Lächeln eine Zahnverblendung in blankem Gold aufblitzen lässt.
Was auf den ersten Blick
wie ein Portrait aussieht ist weniger das rohe Konterfei, als eine
Begegnung mit dem Portraitierten, in der die sublime
Bildinszenierung, das spezifische Ambiente - und meist auch eine
gewisse Melancholie mitschwingen. Häufig wirken sie nostalgisch
und fern. Ob Menschen am Strand, ein Erwachsener einsam auf einer
Kinderschaukel oder Menschen in einer Straßenschlucht - die
Bilder evozieren Fragen.
Als 18-Jähriger bekommt er vom
Vater seine erste Kamera geschenkt. Die Versuche ein normales
Arbeitsleben zu führen, gibt er mit 22 Jahren auf und widmet
sich ganz der Fotografie. Mit Faible für analoge Kameras und
schwarz-weiß Bilder, mal im Auftrag von Skateboardmagazinen und
Werbung, mal für sich selbst, hält er Reiseerinnerungen
fest.
Sein Lieblingsmotiv der Blick aus einem Restaurant aufs
Meer, irgendwo in der Türkei erinnert ihn an die Stimmung in
Alessandro Bariccos Roman "Oceano Mare". Keine
Menschenseele weit und breit, ein leerer Tisch, vollkommene Ruhe ist
das hochformatige Doppelbild, mit Half-frame aufgenommen, quasi ein
Suchbild. Der unsichtbare Akteur ist die sanfte Brise vom Meer, die
durchs offene Fenster streift, sich unter den Tisch schleicht und
das weiße Tischtuch aufbläht.
Frech und frei nennt
er die Retrospektive aus zehn Jahren nach dem Patty Smith Song
"Pissing in a River".
Info: Die Ausstellung ist bis
24.Mai.im Basementizid.kunst.cellar zu sehen. Geöffnet samstags
von 14 bis 18 Uhr.
Eric Website:
www.piar.blogspot.com | www.photographecelebre.com