Carveboard - Das Surfboard für die Straße

  • Boardmag
  • 20.06.2007

Carveboard – Der Test 
(Testbericht von Holger Schröder) 

Das Carveboard gehört zur Gruppe der Hybriden, bzw. der Surf- und Snowboard-Simulatoren. Gedacht als Ersatz für Zeiten in denen die Wellen zu klein sind oder kein Schnee auf den Pisten liegt, soll das Carveboard ein ähnliches Fahrgefühl auf der Straße ermöglichen.

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Lieferumfang

 

Die erste positive Überraschung kommt gleich bei Auspacken im Shop: außer dem Board, Achsen und Reifen enthält das Paket noch eine Montage- und Benutzungsanleitung, eine DVD (die mir der Flo gleich klaut), und ein Werkzeugsatz bestehend aus einem T-Inbusschlüssel, einem Manometer und einer kompakten Doppelhubpumpe, alles in bemerkenswert guter Qualität.

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Montage und Konstruktion

 

 

Das Board ist ein gut gefertigtes 8-Lagen Holzlaminat, dessen Flex für Fahrer unter 200 lbs (90 kg) ausgelegt ist. Für leichtere und schwerere Fahrer ist noch je ein Board mit einer Lage weniger oder mehr erhältlich. Die Kanten sind schön abgerundet und am hinteren Ende markiert ein Gummiblock den nötigen Abstand zu Hinterachse, damit in engen Turns der Fuß nicht ein hinteres Rad blockieren kann. Das Board bietet auch großen Fahrern mit großen Füßen viel Platz und ein flaches Concave gibt guten Halt.

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Für den Zusammenbau und die Wartung ist schlauerweise nur der mitgelieferte Inbusschlüssel nötig und 10 Minuten später steht das Teil zusammengesetzt auf der Theke. Bei der Montage fällt auf, daß die Reifen nicht wie bei einer Skateboardachse auf einen durchgehenden Achsstift aufgesetzt werden, vielmehr wird der Reifen mit einem Bolzen in den Hanger geschraubt. Zwar gibt es zwei selbstsichernde Komponenten, die Nyloc-Mutter (wie auf Skateboardachsen) und einen Sicherungssprengring. Jedoch hat der Bolzen wie eben eine Skateboardachse auch nur etwas weniger als 8mm Durchmesser und das bei einem Reifendurchmesser von 20cm! Hier fährt sich das Carveboard den ersten fetten Minuspunkt ein, die Achskonstruktion wirkt nicht sehr vertrauenserweckend.

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Die Befürchtung liegt nahe, daß die Bolzen sich recht schnell verbiegen oder noch schlimmer brechen könnten. Andererseits ist das Carveboard für langsame Geschwindigkeiten konzipiert und daher weniger Belastungen ausgesetzt, als ein Downhill-Longboard oder ein Mountainboard, doch dazu später mehr. Außerdem hat der 8mm Achstift den Vorteil, daß neue Kugellager in jedem Skateshop erhältlich sind. Die erste Testfahrt im Laden zeigt, daß die Lenkung extrem weich ist und sich nicht verstellen läßt. Allerdings sind härtere Federn erhältlich, mit denen die Achsen fester gestellt werden können. Außerdem ist das pushen ziemliche Arbeit und Vorsicht ist geboten, damit man nicht auf den hinteren Reifen tritt.  

Fahreigenschaften

In der Anleitung ist zu lesen, daß das Carveboard „rail-to-rail“ gefahren wird, d.h. von einem Schwung zum nächsten und daß man nicht schneller als 15 Meilen pro Stunde fahren soll (entspricht 25 km/h) weil sonst Speedwobbles drohen. War die Fahrt in der Ebene noch ziemlich anstrengend, zeigt das Carveboard seine Stärken, sobald es ein wenig bergab geht. Die großen Luftreifen überrollen problemlos Kopfsteinpflaster, niedrige Boardsteine und auch größere Schlaglöcher und sind flüsterleise. Die Slicks haben einen gigantischen Grip und Versuche, das Board auf der Straße zum ausbrechen oder sliden zu kriegen scheitern. Stattdessen zieht das Board in derart enge Kurven, daß der Tester anfangs beinahe abgeworfen wird. Durch diese extreme Manövrierfähigkeit lassen sich mit dem Carveboard auch steilere Straßen gut bewältigen, mit engsten Carves ist das Board gut kontrollierbar. Gebremst wird, indem man das Board einfach so eng carvt, daß man den Berg wieder hinauffährt, mit dem Fuß zu bremsen ist aufgrund des hohen Gewichts und der weichen Lenkung sehr schwierig und nur im Schrittempo empfehlenswert. Da sich das Brett in engen Carves bis fast 45° aufkantet, kommt – zusammen mit dem weichen Flex des Boards – schnell wirklich Surf-Feeling auf. Cutbacks, Railgrabs, Roundhouse Turns, alles möglich und mit ein bisschen Übung recht leicht erlernbar.

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Doch auch der längste Berg ist irgendwann zuende und wer dann kein Auto hat, darf das Riesentrumm von Carveboard den Berg hochziehen. Schnell verflucht man das hohe Gewicht von 9 kg und auch die neugierigen Blicke der Passanten helfen einem nicht weiter, wenn man sich schwitzend den Berg hochquält. 

 

 

Carveboard vs. Longboard

Im direkten Vergleich mit einem Longboard verliert das Carveboard klar nach Punkten. Zunächst einmal sind die meisten Longboards handlicher und deutlich leichter als das Carveboard. Das Longboard erlaubt es aufgrund seiner verstellbaren Lenkung einen größeren Geschwindigkeitsbereich abzudecken. Von wendigen Carves bei offener Lenkung bis zu Geschwindigkeiten von über 50 km/h (mit angezogener Lenkung) ist mit Longboards alles möglich. Die weiche Lenkung und der Flex des Carveboards dagegen bietet einfach nicht genug Stabilität für höhere Geschwindigkeiten. Auch im Einsatzbereich ist das Longboard vielfältiger: es läßt sich durch die Stadt cruisen, erlaubt Slides über die Rollen und kann auch bei höheren Geschwindigkeiten gut mit dem Fuß gebremst werden, was alles mit dem Carveboard nicht möglich ist. Dazu kommt, daß man mit einem Longboard günstiger wegkommt. Dennoch hat das Carveboard dem Longboard zwei Dinge voraus: Erstens lassen sich mit Hilfe der riesigen Luftreifen noch Straßen bequem fahren, auf denen Longboardrollen kapitulieren und zweitens bietet das Carveboard unbestritten ein besseres Surf-Feeling durch die engen Kurvenradien und die stärkere Aufkantung des Bretts in der Kurve.

Carveboard vs. Mountainboard

Wer sich ein bißchen auskennt merkt schnell, daß das Carveboard letztendlich eine für die Straße angepaße Kopie eines Mountainboards ist. Mountainboards verfügen aber im Gegensatz zum Carveboard über Profilreifen, Fußschlaufen und stabilere Brett- und Achskonstruktionen, die auch Sprünge erlauben. Im Gegensatz zum Carveboard kann man ein Mountainboard nicht nur auf der Straße fahren, sondern eben auch Waldwege und Wiesen unsicher machen. Die Achsen sind deutlich stabiler, durchgehende 12mm Achsstifte sprechen da eine klare Sprache, außerdem lassen sich bei vielen Mountainboards die Achsen verstellen. Und wer unbedingt Slicks für die Straße braucht: die gibt es für Mountainboards auch. Für den Kaufbetrag eines Carveboards kriegt man auch ein taugliches Mountainboard und hat dann letztendlich ein stabileres Gerät mit einem breiterem Einsatzspektrum. Allerdings bieten die wenigsten Mountainboards den engen Kurvenradius des Carveboards.

Fazit

Das Carveboard ist aufgrund seines Einsatzbereichs vor allem interessant für Leute, die einen reinen Surfsimulator suchen, in einer Gegend mit schlecht geteerten Straßen wohnen oder schon viele verschiedene Boardtypen haben und was Neues suchen. Hat man dann noch ein Auto, einen Lift oder gute Busverbindungen für den Weg den Berg hinauf, kommt zusammen mit dem definitiven Fahrspaß des Carveboards Freude auf.

Das Carveboard auf einen Blick 

Vorteile:

+ Umfang und Qualität des Zubehörs

+ Wendigkeit

+ Fahrgefühl

Nachteile:

- Länge und Gewicht

- kleiner, sehr spezieller Einsatzbereich

- Achskonstruktion wenig vertrauenserweckend

 
Maße:

Gesamtlänge: 124 cm

Gesamtbreite: 41 cm

Länge Board: 110 cm

Breite Board: max. 29 cm

Reifendurchmesser: 20 cm

Gewicht: 9 kg
 

Preis: 519 Sfr, entspricht ca. € 350

Mehr Infos darüber gibts unter Carveboardsports.ch